Karan 8: Blauer Ball


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Die alten Griechen verehrten die Göttin Mnemosyne (Erinnerung). Ich finde es sehr stimmig, daß sie die Mutter der neun Musen ist.
Und stelle mir gerne vor, daß sie alle Erinnerungen bewahrt, die auf Erden gemacht wurden, von sämtlichen Lebewesen, die jemals existierten. Vielleicht fermentiert sie sie zum Grundstoff der Kreativität, zur Essenz von Neuem.

Manchmal jedoch geht etwas entsetzlich schief und jemandem werden die Erinnerungen allmählich genommen, noch bevor er oder sie auf die andere Seite hinübergegangen ist. Wir nennen dies „Demenz“ und es ist ein grausames Schicksal.

Dieses Lied ist für meine Freunde, die sich um demenzkranke Verwandte kümmern. Seid stark. Sorgt auch für Euch selbst. Möge Mnemosyne gnädig sein.

Blauer Ball

Da war ein blauer Ball.
Meine Puppe heißt Sophie,
sie hat blondes Haar.

Durch das Dorf lief ein Kamel,
damals, als der Zirkus kam.
Ich weiß nicht mehr, wann das war.

Ist das Kasperlspiel schon aus?
Ich bin so müde
und will nach Haus.

Warum bin ich hier?
Sieh mich nicht so an!
Warte, bis ich mich erinnern kann.

Mutter schmierte mir ein Brot,
schön mit Butter, doch schon bald
hab ich Hunger. Mir ist kalt.

Hörst du draußen diesen Lärm?
Bomben in der Nacht.
Ich bin schreiend aufgewacht.

Alles ist so fremd.
Mutter, sag, wann kommst du heim?
Lass mich nie mehr allein.

Warum sagst du, du wärst mein Kind?
Ich bin doch erst sieben Jahre alt.
Ich will nach Hause. Mir ist kalt.

Da war ein blauer Ball.

© Karan 2011

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