Wenn ich tagelang die Sonne nicht sehe und dann noch die See vermisse, dann entsteht so etwas.
In der Hafenbar
In der Hafenbar nachts um halb drei ist nichts los.
Seit ner Stunde schon sitz ich dem Kerl an dem alten Klavier auf dem Schoß.
Er spielt traurige Lieder, wieder und wieder, ich lächle und fülle sein Glas,
das immer schnell leer wird, weil sein Herz schwer wird. Irgendwo tickt eine Uhr.
Und der Wirt hinterm Tresen schläft beinahe ein.
Er spült Gläser aus, wischt alle Tische ab, wäre viel lieber daheim,
Draußen kreischt eine Möwe und die Laterne wirft blasses Licht
durch die Fenster, wir sind Gespenster, farblose Wesen, Geister der gestrigen Nacht.
Das Klavier ist verstimmt. Er will noch einen Korn.
Ich schenk ein und er trinkt, und wir wissen, wir haben uns beide verlorn.
Hier ist für uns kein Bleiben, was wir auch treiben. Bald schon, da dämmert der Morgen
über dem Hafen, wo solln wir schlafen, gehn wir zu ihm oder mir?
Vor der Hafenbar nachts um halb vier weht der Wind.
Doch noch ruhen die Schiffe und sehen nicht, wie schrecklich alleine wir sind.
Hand in Hand und doch einsam, haben nichts gemeinsam, die Flasche Korn unterm Arm
geht langsam zur Neige. Irgendwann zeige ich irgendwem mal mein Herz …
© Karan 2012
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