18. Mai 2008, um 11:19 Uhr
„Fan Funding“, das Konzept, Finanzierungen, die man nicht leisten kann, von Fans möglich machen zu lassen, ist im Moment ein Thema, das durch die Gazetten geht – hauptsächlich wohl, weil es inzwischen ein paar spektakuläre Beispiele gibt, die weit über ein paar hundert Euro für einen Studioaufenthalt oder eine CD-Pressung hinaus gehen und mit fünfstelligen Summen beeindrucken. Wenn auf SPIEGEL online für dieses Konzept ein sehr skeptisches Fazit gezogen wird, dann wohl wirklich hauptsächlich in Hinblick auf solche großen Summen.
Im „Kleinen“ finde ich das Konzept aber sehr interessant. Den Vergleich mit dem Mäzenatentum teile ich da allerdings nicht, denn ich glaube, der interessantere Ansatz ist der „Community-Förderung“, also eine Förderung, die aus den enzelnen Förderern eine Summe zieht, die mehr ist als nur ihre Teile in Addition gesetzt. Der Band und „Förderpublikum“ in ein gemeinsames Boot setzt, Publikum quasi zu weiteren Bandmitgliedern macht und Band und Publikum auf eine Weise verbindet, die vielleicht sogar den Namen „Gemeinschaft“ verdienen könnte. Eine so entstandene CD könnte „unsere“ CD sein – und viel mehr Menschen in dieses „unser“ einschließen als die Hand voll Musiker und Techniker, die den Inhalt liefern.
Ich bin am Überlegen, ob das für uns funktionieren könnte. Und ich dachte, vielleicht ist es ja ganz spannend, wenn ich das einfach mal „laut“ denke, zumindest soweit ich zum jetztigen Zeitpunkt komme.
Um die Dimensionen zu beleuchten, um die es gehen könnte, nehme ich mal eine CD-Produktion als Beispiel, weil es am strukturierbarsten für ein Gedankenexperiment ist:
Eine 1000-er Auflage CDs kann beim Presswerk zwischen 700 und 1600 Euro kosten, je nach Aufwand des Covers, Booklets, Verpackung (Jewelcase oder Digipack) usw. – freilich nach oben offen, denn Aufwand lässt sich ja mehr oder weniger grenzenlos steigern. Das wären reine Press- und Printkosten, also vom Masterrohling zur fertigen CD, ohne Aufnahme, Mastering, Grafik/Design, etc. pp.
Ein Aufnahmetag in einem gut ausgestatteten Studio (mehrere schalldichte Kabinen mit Sichtkontakt) schlägt mindestens mit zwischen 400 – 600 EURO / Tag zu Buche, für eine CD mit 12-15 Songs müsste man wohl realistisch mindestens 3 Tage veranschlagen, damit sollte das aber auch funktionieren.
Es hat einen Grund, warum wir die „drei“ noch mit eigenem Equipment aufnahmen – nicht, dass das schlecht wäre, nein, wir haben da inzwischen wirklich brauchbare Technik rumstehen und mit Andi einen super Techniker, der immer mit Rat und Tat zu Hilfe kommt.
Aber ideal ist eben doch nochmal anders, die Hin- und Herrennerei zwischen Aufnahmetechnik und Instrumententechnik in der Doppelfunktion des Musiker und Technikers gleichzeitig ist recht anstrengend, so dass eine „entspannte“ Aufnahme wirklich was anderes ist, und auch die Aufnahmesituation selbst – von Schallschutzkabinen können wir nur träumen – mag schonmal schlechter gewesen sein, könnte aber auch noch um einiges angenehmer sein.
Allein schon Andi bei den nächsten Aufnahmen als „den“ Techniker dabei haben zu können wäre ein Traum, der nur erfüllt werden kann, wenn da einen fairer Ausgleich möglich wäre, sprich, Andi für diese Arbeit, seine Zeit und sein wahnsinns Knowhow auch finanziell würdigte, denn sein Kühlschrank füllt sich ja auch nicht von Umarmungen und Händedrucken. Und da ist nur aufgenommen und noch nichts abgemischt und gemastert.
Wenn ich also mal grob summiere, liegt eine auf das Nötigste (also „Sachkosten“) beschränkte CD-Produktion in der Preisklasse um die 1000 EURO, mit Studioaufnahmen nur der Basisspuren (so ließe sich das vielleicht auf 2 Tage runterbrechen) sind wir bei 1800-2000, und wenn Andi wenigstens den Endmix und das Mastering macht und ich einen ausbeuterischen Witz von einem Hunni/Tag rechne, stünden wir bei 2500 Euro mit Studio oder rund 1600 EURO bei Aufnahme im Proberaum – bei sehr optimistischer Rechnung.
Das alles freilich, ohne dass wir drei hier schon irgendwas abbekämen für unsere Zeit für Komposition, Arrangement, Einproben, Einspielen der Aufnahme, Grafikarbeiten, Datenhandling, Fahrten, usw. usw.
Ich glaube nicht, dass es derzeit realistisch ist, drauf zu hoffen, dass wir wirklich 2500 EURO per „Fan Funding“ zusammenbekämen (ich hätte aber auch nichts dagegen, wenn ich mich täuschte, ich muss nicht immer recht haben, wirklich nicht 😉 ) – aber rund 1000 EURO zusammen zu bekommen könnte ich mir eigentlich gut vorstellen.
Die Frage ist nur: was können wir bieten, denn Geld im Voraus, noch dazu auch gerne mehr als eine CD kostete, wäre ein Vertrauensbeweis, der auch einen Rückkanal braucht. In dem SPON-Artikel ist da von Gratisdownloads oder CDs (wobei ich das eher als „Vorbestellung“ sähe und entsprechend selbstverständlich, bei „Spenden“ von 10 oder mehr EURO), Privatauftritten, Credits bis hin zur Erwähnung im Lied und all sowas die Rede – ich weiß nicht, ob eine solche namentliche Erwähnung attraktiv wäre (ich kann ja nur von mir ausgehen, und ich gebe zu, für mich wäre das so erstmal noch kein Anreiz). Oder täusche ich mich völlig in meiner Projektion meiner eigenen Interessen auf andere und „Microspenden“ (was weiß ich, 1-5 EURO per PayPal oder sowas) mit Namenslistung bei den Credits ist die Option, die ich völlig unterschätze?
Ich bin, es klang Anfangs ja schon durch, ja ein Freund des Gedankens, dass der Mensch als soziales Lebewesen gerne Gemeinschaft(en) bildet und an solchen Teil hat- ich könnte mir deshalb vorstellen, dass alles, was hier am Ende aus dem „Wir und Ihr“ ein „Uns“ machte (das wäre jedenfalls etwas, was mich reizte, stünde ich „auf der anderen Seite“ – nämlich das Gefühl, eben diese „Seiten“ aufzulösen) etwas tolles wäre. „Singvøgel“ kann es ja mehr als drei geben, immerhin leitet sich der Name ja von einem Gattungsbegriff ab und nicht von einer Bezeichnung für ein einzelnes spezielles Individuum.
Was wäre denn sowas, was würde „Gemeinschaft“ fühlbar machen? Sind es wir drei auf der Party, mit Gitarren, Cajon und Djembe am Lagerfeuer? Oder mit vollem Equipment auf der großen Supporter-Party einmal im Jahr mit anschließender Jam-Session? Oder dem Dabeisein bei Aufnahmen oder Proben? Oder bei der Begleitung der Entstehung eines neuen Songs vom Text bis zum auftrittsreifen Arrangement? Kommunikationskanäle für „Mitglieder“ (Mediengalerien, Foren, usw. usf.)? Oder etwas ganz anderes?
Wenn ich’s mir überlege, gefällt mir diese Idee. Außerdem sind solche Projekte mit konkretem Ziel und konkret erkannbarem Weg zum Ziel im höchsten Maße gemeinschaftsschmiedend.
Die Neubauten machen ja seit drei Alben genau das, auch wenn deren Aufnahmen wohl sehr viel langwieriger und teurerer sind. Es gibt als Anreiz für Supporter (die bei denen zwischen CD und CD&DVD-Preis wählen können): CD mit Bonustracks, (DVD), Kaufoption für „vergriffene/seltene“ CDs, Forum, ein digitales Exklusiv-Album, Webcast der Aufnahmen. Es gab aber auch schon Supporter-Konzerte und Jamsessions. Das finde ich eine gute Idee. Aber bei den Neubauten funktioniert so ein System ja auch sehr gut, da sie einigermaßen bekannt sind. Es gibt aber auch schon Webseiten, die dir beim Sammeln von Geld (und dem Wiederausgeben) helfen: http://www.sellaband.com/ ist ein Beispiel. Und dann gibts Modelle wie http://amiestreet.com/ wo deine Musik je nach Popularität immer teurer wird. Ist aber eher für nach den Aufnahmen.
Ansonsten kann man ja vielleicht das Fan Funding mit dem klassischen „Wir spielen so viele Konzerte wie möglich und sammeln die Gage fürs Album“ vermischen.
ich hab da auch eine idee. hier im ourewould gibts ja noch die gute alte tradition der „umsonst und draussens“, also, man schnappt sich eine wiese, einen stromanschluss und ein paar musiker, die halt spielen. wenn man bspw bei „dene leit“ guckt, die „wou die leit kenne“, sieht man das da:
http://www.regioactive.de/event/353947/koppelfeier_open_air_birkenau_hornbach_odenwald.html
da stellt man dann ein bis 3 macht eine wilde live-aufnahmen. die kann man netterweise unter den spendewilligen fans verteilen oder downloadabl machen, muss ja nichts groß professionelles sein.
upsi…..
zwischen
„ein bis 3“ und „macht“ fehlt „mikros auf und“
Ich finde die Idee nach ein bisschen Nachdenken ebenfalls bestechend. Eine kleine Zusatzidee: damit die Leute, die Geld spenden, nicht komplett die Katze im Sack kaufen, schlage ich vor, dass ein paar Ideen für das Album, das damit finanziert werden soll (z.B. Songtexte, „Rohversionen“ von Songs, weitere Ideen, ggf. Gastmusiker, ggf. Infos über Songs, die neu aufgenommen werden sollen – incl. der Änderungen zur alten Version) im voraus hier im Blog präsentiert werden. In Karans Blog gibt es ja schon neue Songtexte.
Außerdem trage ich mich mit dem Gedanken, euch Singvøgeln eine „Spende der anderen Art“ zu machen: ich wäre bereit, euch einen Tag lang den Einsatz einer ausgebildeten Opernsängerin (Sopran oder Mezzosopran; Berufsanfängerin, keine Sängerin mit Weltruf (wie etwa Tarja), denn eine „Tarja“ würde meinen Finanzrahmen deutlich sprengen) zu bezahlen, damit sie als „foreground vocalist“ an mindestens einem Song mitwirkt.
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