26. Januar 2010, 15:40 Uhr
Es ist eine scheinbar unendliche Geschichte: Querelen mit der GEMA. Wir selber sind ja keine Mitglieder. Aber Barbara Clear hat letzte Woche ihren Berufungsprozeß verloren. Marcus Gloria aus Bochum prozessiert nicht erst seit letztem Sommer, sondern bereits seit Jahren erfolgreich gegen undurchsichtige und unangemessene Forderungen, und Monika Bestle aus Sonthofen hat nicht nur die GEMA-Petition angestoßen (die sich immer noch „in parlamentarischer Prüfung“ befindet), sondern auch eine Interessengemeinschaft für Veranstalter, Künstler, Zuhörer und Interessierte gegründet.
Warum, so fragen sich manche, interessieren wir Singvøgel uns eigentlich so sehr für das Thema GEMA, wo wir doch selbst gar nicht davon betroffen sind?
Sind wir doch.
Wir wünschen uns nämlich durchaus eine kompetente Verwertungsgesellschaft.
Eine solche ist im Idealfall ja dazu da, uns Künstlern Arbeiten abzunehmen, die wir selber gar nicht bewältigen können, denn der Tag hat nun mal nur 24 Stunden. Die Wahrnehmung der Rechte von Urhebern ist in manchen Bereichen gar nicht so einfach; da wäre es sehr sinnvoll, wenn es einen Ort gäbe, an dem alle Informationsquellen zusammenlaufen und an dem Menschen sitzen, die sachkundig mit diesen Informationen umgehen können.
Nun ist es aber leider so, daß der Verein GEMA nach dem Motto „ganz oder gar nicht“ agiert. Wenn wir den Vertragswust richtig verstehen sieht das nämlich so aus:
Entweder werden wir Mitglieder, überlassen dann dem Verein die Verwertung unserer Rechte total und umfassend, nicht nur für alle bereits geschriebenen sondern auch für noch zu schreibende Werke. Die Mitgliedschaft sieht nämlich vor, daß sämtliche gegenwärtigen und künftigen Rechte des Urhebers auf mindestens sechs Jahre an die GEMA übertragen werden. Der Vertrag verlängert sich automatisch um den gleichen Zeitraum, falls er nicht ein Jahr vor Ablauf gekündigt wird.
Oder aber wir verzichten auf die Mitgliedschaft, dann stehen wir aber allein da und haben schon vom Verwaltungsaufwand her gar nicht die Möglichkeit, unsere Rechte umfassend und adäquat geltend zu machen.
Beides wollen wir nicht. Wir wünschen uns einen individuellen und vor allem werkbezogenen Umgang mit unseren Songs.
- Manches wollen wir gerne unter CC-Lizenz stellen. Bei anderen Sachen möchten wir uns (zumindest eine Zeitlang) das reguläre Copyright vorbehalten.
(Man erzähle mir bitte nicht, das wäre ein zu großer Verwaltungsaufwand. Vor 20 Jahren hätte das vielleicht sogar gestimmt. Aber im Online-Zeitalter, wo sich gigantische Datenbanken problemlos füllen und verwalten und Sortierungen per Mausklick erstellen lassen, ist es tatsächlich machbar.)
- Im Live-Sektor möchten wir uns gerne mit den jeweiligen Veranstaltern selbst darüber einigen, wie wir die Rechtewahrnehmung handhaben. Das wäre z. B. ein Bereich, wo eine Verwertungsgesellschaft von uns unter Umständen gar nicht oder nur in Sonderfällen benötigt würde.
- Beim Thema Radio und Fernsehen hingegen sieht das ganz anders aus, besonders weil die Branche aufgrund der Digitalisierung und der immer größeren Anzahl von Sendern immer unübersichtlicher wird. Hier hätte die GEMA (oder eine Alternativgründung) einen echten Kompetenzbereich.
Mit dem Schreiben eines Wunschzettels ist es natürlich nicht getan, darum hat Karan heute die Beitrittserklärung zur oben verlinkten IKID ausgefüllt. Außerdem sind wir dabei, uns weiterhin zu vernetzen.
Alte, auch verhärtete oder ungerechte Zustände lassen sich erhalten, wenn diejenigen, die von ihnen profitieren, zahlreich sind und zäh an ihnen festklammern.
Im Umkehrschluß läßt sich aber feststellen, daß neue Entwicklungen dann erfolgreich sind, wenn sich die Betroffenen zusammentun und gemeinsam nach gangbaren Wegen suchen. Dabei mögen die einen ihre organisatorischen Fähigkeiten zum Einsatz bringen, die anderen juristische Kenntnisse beisteuern, wieder andere Netzwerke knüpfen und manche einfach „nur“ (in dicken Anführungszeichen) ihr kleines oder größeres Scherflein zum Gelingen der Sache stiften. Entscheidend ist, daß etwas passiert und daß der Wille zum Handeln schließlich stärker ist als Resignation oder Apathie.
Eure drei Forderungen klingen sehr vernünftig. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass eine Verwertungsgesellschaft alle drei erfüllt. Eigentlich…
Zum ersten Punkt habe ich bei den Musikpiraten etwas gefunden: in Schweden, Dänemark und Holland laufen erste Versuche, Rechteverwertung und CC zu kombinieren, in Zusammenarbeit mit den dortigen Verwertungsgesellschaften. Ergebnisse einer Umfrage unter holländischen Künstlern liegen als erste Ergebnisse bereits vor: http://musik.klarmachen-zum-aendern.de/nachrichten/holland_erste_ergebnisse_des_creative_commons-feldversuchs_der_bumastemra_liegen_vor
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