Fachsimpelei? Oder interessanter Blick hinter die Kulissen? DrumTalk 6


19. Februar 2007, um 16:15 Uhr

Ich habe beschlossen, es ein wenig auszunutzen, dass auf diesen Seiten (und damit dieses Weblog) das Thema „Musikmachen“ bzw. solche zu Gehör bringen (was Wunder, wir sind ’ne Band, wir schreiben Lieder und wir führen diese auf) doch ein ziemlich zentrales ist. Ich fachsimple gerne, und ich fachsimple gerne über Dinge, von denen ich mir einbilde, mich mit diesen ein wenig auszukennen. Klar, ich könnte über Schlagzeuge und Percussion (speziell das, was und wie ich sowas spiele) auch „zuhause“ auf meinem Blog erzählen, aber ich denke, hier könnte es interessanter werden und hier passt es einfach auch besser, denn das, was ich spiele spiele ich ja nunmal für die Singvøgel, für unsere Lieder und damit diese so klingen und rüberkommen, wie sie gedacht sind. Außerdem – genau genommen bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich überhaupt spielen – und damit die Gelegenheit, etwas darüber zu erzählen, haben – würde, wenn meine beiden Bandkollegen mich nicht nach 15 Jahren Pause wieder zurück auf die Bühne gezerrt hätten. Wofür ich ihnen übrigens unendlich dankbar bin, denn erst jetzt merke ich richtig, was mir all die Jahre gefehlt hat.

Was mich nun interessiert widerum ist, was euch interessiert an dem, was ich da so (meist) hinter Karan und Duke – und hinter einem Berg von Zeug sitzend – tue. Drum hoffe ich, dass ihr euch nicht zurückhaltet mit Bemerkungen, Fragen oder auch eigene Fachsimpeleien – die Kommentarfunktion ist genau für sowas gedacht 🙂

Ich verspreche, bei der nächsten Probe mache ich mal ein paar Fotos von meinem Drumset, so dass ich das hier mal schön ausführlich zeigen kann. Ich versuche auch mal, ein Foto aus der Perspektive hinterm Schlagzeug zu machen, so dass man sich vielleicht vorstellen kann, wie das ist, an diesem „Kontrollpult“ über die musikalische Wirkung eines Songs zu sitzen, denn genau das verbinde ich mit den Drums: wenn man ein Schlagzeug mitspielen lässt, dann geben die anderen Musiker einen Haufen Kontrolle über den Song ab, der grade gespielt wird. Zum Tausch bekommen sie natürlich auch etwas, nämlich Freiheit für ihre Perfomance und ihr eigenes Spiel, das sich nun mehr um „die Töne“, also Melodie und Klang, kümmern kann. Gerade, weil die Drums ein „Begleitinstrument“ sind, die dennoch im wahrsten Sinne des Wortes „unüberhörbar“ sind – auch wenn kaum wer bewusst drauf achtet – sind sie es aber meiner Meinung nach, die sehr zentral „die Stimmung“ eines Songs bestimmen, bzw. bestimmen, welche Stimmung beim Hörer des Songs „ausgelöst“ wird.

Das verlangt einem Drummer eine Menge Verantwortungsbewusstsein ab, an ihm hängt es, ob es „groovt“, ob ein Song romantisch, ruhig, aufwühlend oder emotionalisierend wirkt. Eben weil sein Spiel überall gehört wird, aber kaum „darauf“ gehört wird. Soll es ja auch nicht, denn, und ich habe damit kein Problem, im Gegenteil: es bleibt ein Begleitinstrument, das den Song unterstützen soll. Und ebenjene Effekte, die ein Song in Intention und Text haben soll, auch „in den Bauch“ zu transportieren hat. Ohne Umweg über irgendwelchen Intellekt 😉

Eine ausführliche Tour durch mein Drumset gibt’s erst das nächste Mal, wenn ich auch ein paar Fotos habe. Heute muss es erst mal eine kleine Übersicht tun.

Ich spiele also ein Sonor Lite-Set, eines der letzten übrigens, die noch in Deutschland hergestellt wurden. Meins ist glaub‘ ich, Baujahr ’89 und somit volljährig. Die Lite-Serie wird schon ein paar Jahre nicht mehr weiterentwickelt (bzw. garnicht mehr gebaut), was ich schade finde, denn das Lite war (und ist) ein außergewöhnliches Schlagzeug mit einem ganz eigenen Klang und Charakter.

Besonders stolz bin ich darauf, dass diese … hmmm, was ist das wohl… „Flieder“metallic-Lackierung meines Wissens ein absolutes Unikat aus meinem Set macht, mir wurde gesagt, dass niemand sonst ein Lite-Set mit einem solchen Finish hat – und Sonor hat sogar damals noch eine Hängetom, die ich noch dazu haben wollte, extra in dieser Lackierung angefertigt, damit ich nicht irgendeine andere Farbe dazuhängen muss, denn wie schaut das denn aus…

Bei Becken schwöre ich auf die Signature-Serie von Paiste. Auch die kenne ich noch von früher, als ich mein jetztiges Drumset holte kam die gerade raus. Das sind unglaublich exakte und differenziert zu spielende Teile, und genau das mag ich ja, weil ich gerne verschiedene Sounds aus den Becken raushole und nicht einfach nur mal eben draufklatsche. Aber zu Becken will ich auch gesondert was schreiben, die sind ein Thema, das ich auf jeden Fall mal ausführlich angehen werde.

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6 Gedanken zu “Fachsimpelei? Oder interessanter Blick hinter die Kulissen? DrumTalk

  • AndiStadl

    Drum isses wichtich…Also, ähem, darum ist es wichtig, daß man als Musiker über die Wirkungsweise von Musik ein bißchen was weiß, denke ich. Und zwar nicht, um die Musik zu instrumentalisieren, wie z.B. in faschistischen Regimen per Marsch-(=Kriegs-)Musik, sondern einfach, um die vielbemühte ‚Message‘ rüberzubringen. Ich stimme Dir begeistert zu, Sven, daß gerade der Drummer eine große Verantwortung trägt, der kann nämlich das schönste Lied ohne weiteres zerhacken, ohne daß er sich auch nur anstrengen muß. Manche merken es nicht einmal, so einfach geht das! Das Schlagzeug als ‚Dazu-Spiel-Instrument‘ zu klassifizieren halte ich denn doch für etwas viel Understatement. Oder ist das nur Fishing-for-compliments? Okay: Na, logisch, wenn jemand so gut spielt wie Du, Sven, dann ist ja der Rest nur Begleitung für das virtuos-filigrane Schlagwerk, den man auch weglassen könnte, ohne daß dem irgendjemand nachweinen würde. Es ehrt Dich, Sven, o Göttlicher, daß Du die anderen an Deinem Erfolg so großzügig teilhaben läßt ;-)))Doch Spaß beiseite, Ernst, komm her: Ein leider frei erfundener Mythos unter Schlagzeugern hält sich hartnäckig, nämlich, man dürfe sich als Drummer nicht den anderen Bandmitgliedern unterordnen, weil man schließlich die mächtigste, sprich lauteste, Waffe von allen besitze. Na bravo, Krieg im Proberaum. Wer beherrscht wen? Die Lauten die Leisen? Die Männer die Frauen? Die Schnellen die Langsamen? Die Betrunkenen die Nüchternen? Wieviel wunderbare Musik hätte schon entstehen können, wenn diese Kriege nie stattfinden würden. Und so ist nun mal der Mensch, selbst der Schlagzeuger, fürchte ich.Was haben ein Kondom und ein Schlagzeuger gemeinsam? – Mit ist sicherer, aber ohne macht’s mehr Spaß. Muuuuaaahahahaaaaa 😉

  • Sven Autor des Beitrags

    Huhu Andi 🙂

    Was den frei erfundenen Mythos betrifft: den kenne ich eher weniger, viel öfters begegnete mir leider der Mythos des „unwichten“ Instruments, weil ja eh „nur“ Begleitung im Sinne eines besseren Metronoms, und der Drummer ist derjenige in der Band, der von den „Instrumentalisten“ (denn der Drummer spielt ja kein Musikinstrument) als das „austauschbarste“ Element der Band gewähnt wird. Habe ich selbst schon erleben „dürfen“, man ersetzte mich mit einem „besseren“ Drummer, der „sogar“ Noten lessen könnte und auch sonst „exakter“ usw. spielen täte – um dann zu sehen, wie die Songs unter jener Exaktheit ihren Groove verloren und jene Band ein Dreivierteljahr später nicht mehr existierte, weil der bis dahin stetig gewachsene Erfolg irgendwie nicht mehr weiterkam – weil da wohl wer übersah, dass dieses Wachstum zu wenigstens einem Viertel auch an dem Drummer lag bzw. an der Summe der Mischung. Wenn ein Teig nur aus vier Ingredienzen besteht und man eines davon ändert kommt halt doch ein anderer Kuchen bei raus. Mir scheint, dass der tatsächlich auch musikalische Einfluss eines Drummers von vielen noch unterschätzt wird und dann passieren solche Sachen, die am Ende alle Beteiligten ziemlich frustrieren (nach meiner „Hinauskomplementierung“ damals war ich ziemlich fertig, gebe ich zu).

    Keine Sorge, ich bin mir über „meine“ Rolle bei den Singvøgeln durchaus bewusst, aber ich gebe dir Recht, die Formulierung des „Begleitinstruments“ war etwas unglücklich, die Betonung liegt dabei eigentlich auf „Instrument“, also etwas, das „das Lied (mit)spielt“ und das „begleitende“ dabei steht nicht im Gegensatz zu den anderen Instrumenten sondern im Gegensatz zu einem „Soloinstrument“ (wie z.B. einer klassischen Leadgitarre). Es ging mir also darum, mich und mein Spiel in den „wir spielen zusammen ein Lied“ – Gedanken einzubinden.

    Das mit dem „wer spielt am lautesten“ oder „im Vordergrund“ kenne ich natürlich auch, aber da eher Instrumentenunabhängig (hast du ja letztlich auch so beschrieben), ich denke, das ist einfach eine grundsätzliche Frage der „persönlichen Reife“ eines Musikers, um da jetzt mal ’ne „alter-Sack“-Formulierung zu nehmen – da geht’s dann weniger um „die Band“ oder die Musik, am wenigsten um den Song und sehr viel um den Versuch, sich irgendwie zu profilieren. Oder eben um die Frage eines „Unterordnen“. Wenn das Verständnis da ist, dass niemand „über“ einem steht, wenn man den Song selbst nach oben stellt und sich in diesen nicht unter- sondern einordnet (und das alle Beteiligten tun) dann kann eigentlich nichts blödes mehr passieren.

  • Karan

    Höhö, Andi, uns macht’s „mit“ deutlich mehr Spaß, aber wie! 😀

    Ich selber hatte ja vorher mit Schlagzeug (und Schlagzeugern ;-)) absolut gar nix zu tun; von daher hat es mich doppelt überrascht, was für ein Unterschied es ist, wenn ein rhythmischer Boden da ist, auf dem Duke und ich sozusagen spazierengehen können. Instrumentenwechsel waren beispielsweise vorher schwierig bis unmöglich, weil da so gut wie immer ein eigenartiges Loch entstand – jetzt ist das überhaupt kein Problem mehr.

    Außerdem haben wir ein paar Songs aus der Mottenkiste geholt, die wir da hineingetan hatten, weil wir ihnen zu zweit einfach nicht die Form geben konnten, die sie brauchten. Jetzt sind sie richtig knackig. Das ist für mich die deutlichste Bestätigung dessen, was Sven schrieb: der Song ist es, der bestimmt, was musikalisch angemessen und richtig ist. Und wir machen’s dann halt. 🙂

    Ja, und wenn ich mir da, wie erst gestern wieder, die Horrorgeschichten anhören muß, die offenbar so in der Szene relativ typisch sind (Bassist läuft weg, Gitarrist haut ab etc. pp.), dann bin ich einfach nur riesig dankbar und froh über unser Miteinander (und darüber, daß wir keine hormongesteuerten Teenies mehr sind, hihi)!

  • peter

    ja… drums sind wichtig. und es ist, wie du sagst, essentiell, dass der drummer sich seines einflusses bewusst ist.

    es gibt da einen schönen song von einer englischen singer/songwriterin (aarrgh, jetzt hab‘ ich den namen nicht mehr präsent!), „mr. bang“ heisst er, in dem sie beschreibt, weshalb sie eben keinen schlagzeuger dabei hat… 😉

    grüsse

    peter
    paukenspieler und perkussionist (und dirigent einer guggenmusik, der in dieser funktion auch immer wieder merkt, WIE zentral die rhytmus-sektion ist…)